Zeitvertreib beim Bahnfahren – Lesen im Zug

Heute möchte ich Euch den ersten Artikel einer neuen Kategorie präsentieren: Zeitvertreib beim Bahnfahren. Hier gibt es sicherlich einige Dinge, die sich anbieten würden – meine Lieblingsbeschäftigung ist allerdings das Lesen im Zug. Ich nutze meine 30 bis n Minuten pro Fahrt gerne, um alles um mich herum zu vergessen. Und wider Erwarten kann ich das beim Lesen in der Bahn ganz gut – vorausgesetzt das Buch ist gut 🙂

Seitdem ich mich nun etwas mehr mit dem Thema Lesen beim Bahnfahren auseinander gesetzt habe und all die Leser, die mir im Laufe meiner Pendlerkarriere schon aufgefallen sind, an meinem inneren Auge habe vorbeiziehen lassen, ist mir aufgefallen, dass es doch ziemlich unterschiedliche Leseratten gibt. diese stelle ich Euch in meinem Auftaktartikel heute vor:

Typ 1: Der klassische Leser

Der klassische Leser zeichnet sich dadurch aus, dass er ein echtes Buch dabei hat. Er blättert sich ganz retromäßig Seite für Seite durch das Buch, das er in seinen Händen hält. Manch einer nutzt ein Lesezeichen, andere knicken Elselsohren, bevor das Buch oft hektisch in die Tasche gesteckt wird, wenn der Zug an der gewünschten Zielstation hält. Dem ein oder anderen mag es auch tatsächlich schon einmal passiert sein, dass ebenjene Zielstation verpasst wurde, da das Buch einfach zu spannend war. Beim Lesen im Zug ist es also gut, wenn man multitaskingfähig ist: Ab und an immer mal wieder einen Blick aus dem Fenster oder auf die Anzeigentafel werfen.

Typ 1 unserer vorgestellten Leserschaft unterteilt sich noch einmal in 2 weitere Kategorien. Bei den echten Buch-Lesern gibt es diejenigen, die ihr Buch so offensichtlich halten oder ablegen, dass auch wirklich JEDER erkennen kann, mit welch ach so hochwertiger Literatur sie sich gerade auseinander setzen. Teilt man sich mit diesem Leser-Typus ein Abteil hat man gar keine andere Möglichkeit als einen Blick auf einen Titel der Weltliteraturliste oder den neuesten Szene-Roman zu werfen. Zu allem gibt es ja aber bekanntlich ein Gegenstück, so auch zu diesem Leser. Manche Mitreisende verstecken ihre Bücher gerne. Ob in selbstgehäkelten Buchumschlägen oder das Buch krampfhaft auf dem Schoß liegend, man findet nicht heraus, was sie lesen.

Typ 2: Der Leser 2.0

Manchen Leuten ist die klassische Form des Buches zu unpraktisch für eine Reise. Vor allem so ein Hardcover kann schon mal ordentlich Platz wegnehmen. Der moderne Leser, der Leser 2.0, reist also mit E-Book. Ich habe kein E-Book. Ich habe schon öfter mal darüber nachgedacht, aber für mich ist ein Buch einfach etwas ganz Besonderes, mit dem man viel verbinden kann. Das gucke ich an und erinnere mich an Gefühle, Situationen, Lebensphasen. Kann ich irgendwie nicht, wenn ich mir ein E-Book angucke. Dennoch beneide ich den E-Book-Leser manchmal darum, dass er mehr Platz für andere Dinge in der Tasche hat als ich.

Der E-Booker ist mir am undurschaubarsten. Ist es nicht das Spannendste, herauszufinden, was andere Menschen lesen? Beim Leser 2.0 kann man nur mit viel Glück mal einen Blick auf den Bildschirm werfen und  ein paar Zeilen anlesen – hilft einem nicht, wenn man das Buch nicht (er)kennt.

Typ 3: Der Student

War ich auch lange. Studenten nutzen die Zeit beim Bahnfahren oft, um noch schnell ein Paper oder einen Essay oder Vorlesungsunterlagen zu lesen. Wenn sie nicht gerade mit ihrem Geplapper den ganzen Zug „unterhalten.“ Auch hier sind interessante Unterschiede zu beobachten, denn die meisten Studenten lesen nicht einfach nur so. Der zu lesende Text wird mit Textmarkern unterstrichen, Wörter werden eingekreist und mit Verbindungen versehen, Kürzel an den Rand gequetscht, sodass das Endergebnis einem modernen Kunstwerk ähnelt. Oft denke ich mir, dass es einfacher ist, die nicht markierten Stellen im Text zu finden, als herauszufinden, warum man all die anderen Sätze markiert hat. Mit Kuli oder Bleistift werden Randnotizen hinzugefügt – oft und gerne auch viele markante Ausrufungszeichen neben ganzen Absätzen.

Ganz selten trifft man auf Studenten, die ihre Unterlagen einfach nur lesen. Die fühlen sich bestimmt besonders schlau – oder verstehen wirklich rein gar nichts.

Typ 4: der Zeitungsleser

Wer im Zug Zeitung liest, ist meist über 40 und Berufspendler. Das ist zumindest meine persönliche Erfahrung. Zeitungsleser trifft man fast ausschließlich im morgendlichen Pendlerverkehr an. Wenn es morgens keine Zeit für ein ausgedehntes Frühstück gibt, dann wird die Zeitung einfach mit in den Zug genommen. Gerne spinkse (rheinisch/ruhrdeutsch für: vorsichtig nachschauen, spähen) ich dann mal auf das Blatt meines Gegenübers. Meistens haben von so einer Zeitung nämlich gleich mehrere Reisende etwas. Der Leser selbst, das Gegenüber (denn so eine Zeitung bietet eine großzügige Lesefläche) und oft auch später hinzukommende Reisende, die die Zeitung auf ihrem Sitz finden. Yesterday‘s papers erzählen ja bekanntlich yesterday‘s news.

Ein Aufruf an alle Bahnreisende

So oder so, ich finde es immer super spannend, andere Leute beim Lesen zu beobachten und herauszufinden, was sie da gerade lesen. Ich finde es auch herrlich, wenn andere Leute so von ihrem Buch eingenommen sind, dass sie wirklich alles um sich herum vergessen und zum Beispiel laut lachen, wenn sie etwas witziges Lesen. Manchmal scheint es auch so spannend zu sein, dass es das morgens liebevoll geschmierte Butterbrot nicht in den Mund schafft, sondern kurz davor immer wieder anhält. Leser im Zug sind mir auch deswegen sympathisch, weil sie einfach mal die Klappe halten. Ich setze mich gerne neben Leser, da hat man seine Ruhe – kein Dauertelefonat und keine Musik, die (mehr oder weniger dumpf) durch die Ohrstöpsel zu einem rüber plärrt. Also Leute, hier ein Appell: Lest mehr im Zug!

Natürlich interessiert mich aber auch Eure Meinung! Was sind Eure Erfahrungen? Lest Ihr gerne im Zug? Oder ist es Euch dort zu laut? Was für ein leser seid Ihr? Hinterlasst gerne einen Kommentar.

So long – read on!
Eure Pendlerin

2 Kommentare zu „Zeitvertreib beim Bahnfahren – Lesen im Zug

  1. Würde ich ein Buch mitnehmen wollen, meine Tasche wäre voll davon, leider. Bücher für Blinde sind nämlich mal mindestens doppelt so dich wie ein normales Buch…Gut, ich könnte Ebooks mit einer Braillezeile lesen, aber da schlaf ich bei ein, sodass mir im Grunde eher das Hörbuch bleibt. Apropos Hörbuch. Ein Bekannter von mir hat mal im Zug ein Hörbuch gehört, sein Gegenüber auch und beide haben unabhängig von einander immer wieder lachen müssen, bis der eine den anderen fragte „Hörst du auch gerade das Känguru?“ Tatsächlich hatten beide das selbe Hörbuch an und mussten darüber nur noch mehr lachen.

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